Vortrag | "He, Sie da!" Ein ethnographischer Streifzug durch das Interventionsregime der deutschen Polizei
Veranstaltung in deutscher Lautsprache | Eintritt frei | keine Anmeldung erforderlich | kein barrierefreier Zugang
Die Polizei ist eine der Organisationen, die – was die Bandbreite ihrer Einwirkungsmöglichkeiten angeht – mit das größte Interventionsspektrum aufweist. Von der bloßen Anwesenheit über Belehrungen und/oder Kontrollmaßnahmen bis hin zur Anwendung physischer Gewalt sind ihr Zugriffe auf Menschen nicht nur gestattet, sondern auch aufgegeben. Der Anruf „He, Sie da!“ markiert ein hierarchisches Verhältnis zwischen der Vertretung des Staates und einer Zivilperson.
Louis Althusser hat diese „Anrufung“ in seinem Essay über Staatstheorie ausgeführt. „Dem Passanten wird in dieser Situation bewusst, dass es sich nicht nur um eine verbale Anrufung handelt, der er Folge zu leisten hat. Der Anruf erfolgt in einem ideologisch-gesellschaftlichen Bezug, in dem der Polizist die Autorität der Staatsmacht verkörpert, der sich der Passant – als Individuum – zu unterwerfen hat“ (Nikolaus Halmer: Das Subjekt als Untertan auf science.ORF.at).
Der Vortrag wird eine Spur aufnehmen, die bei Althusser zentrale Bedeutung hat, dass nämlich die Rede von der Polizei als Dienstleistungsunternehmen, oder der „Bürgerpolizei“, einer Polizei, die mit ihrer Kundschaft auf Augenhöhe sein will, den Umstand verschleiert, dass das Verhältnis Staat – Gesellschaft ein prinzipiell hierarchisches ist, dass wir – um noch mal mit Althusser zu sprechen - umgeben sind von „Ideologischen Staatsapparaten“ (ISA) und „Repressiven Staatsapparaten“ (RSA) und dazu noch in der Illusion leben, die vorgegebenen Normen selbst geschaffen zu haben. Der Vortrag nimmt einen Ausschnitt des repressiven Verhältnisses in den Blick, nämlich den der „autoritären Performanz“ (oder auch der „performativen Autorität“) der Polizei, die sich in vielen ihrer Interventionen zeigt. Die Anrufung (Interpellation) „He, Sie da!“ ist nicht die unterste Stufe. Anhand von Beispielen aus seinen ethnographischen Untersuchungen zur Polizei wird Rafael Behr zeigen, wie vielfältig das Interventionsrepertoire der Polizei ist, um ihre Autorität herzustellen, zu sichern oder einfach nur zu demonstrieren.
Prof. Dr. Rafael Behr war bis Ende März Professor für Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei in Hamburg und lehrte dort Kriminologie und Soziologie. Er leitete die Forschungsstelle Kultur und Sicherheit. Rafael Behr hat diverse Studien zur Polizeikultur vorgelegt.
Zeit & Ort
13.05.2024 | 14:00
SFB 1512 Intervenierende Künste, Seminarraum, Grunewaldstr. 34, 12165 Berlin
Weitere Informationen
Ansprechperson: Andrea Schütte a.schuette@fu-berlin.de
Onlineteilnahme möglich unter: https://fu-berlin.webex.com/fu-berlin/j.php?MTID=m9401b4b408b2a4571ebd01c328b99964
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