„Revolutionärin im Beruf“ oder „Mitarbeiterin“? Asja Lācis in BRD und DDR
Mit Moritz Neuffer, Karlheinz Mund und Beata Paškevica.
Öffentliche Filmvorführung von Karlheinz Munds Dokumentation „Die Mit-Arbeiterin. Gespräche mit Elisabeth Hauptmann (DDR 1972).
Während das erste Labor mit dem frühen Manifest von einem konkreten historischen Gegenstand ausging, widmete sich das zweite am 10. März 2023 der Darstellung und Selbstdarstellung von Asja Lācis in Ost und West. Im Fokus standen drei dokumentarische Positionen, die die Spezifik der Lācis-Rezeption in DDR, BRD und aus postsozialistischer Perspektive erhellten: Die Literaturwissenschaftlerin Beata Paškevica (Riga) berichtete von ihrer Arbeit an der für die Lācis-Forschung wegweisenden, ersten Werkbiographie zu Lācis „In der Stadt der Parolen. Asja Lacis, Walter Benjamin und Bertolt Brecht“ (2006), erläuterte die sich wandelnden blinden Flecken der Forschung und die negative bzw. nicht vorhandene Rezeption von Lācis in Lettland; der Historiker Moritz Neuffer bot Einblick in z.T. unbekanntes Archivmaterial aus dem Vorlass von Hildegard Brenner, die mit der Herausgabe von Asja Lācis’ Erinnerungen 1971 in die damals im Theoriediskurs vorherrschende, antikommunistische Benjamin-Rezeption intervenierte; Karlheinz Mund erzählte von den Produktionsbedingungen seines Filmes „Die Mit-Arbeiterin“ (DDR 1972), in dessen Kontext er u.a. nach Riga reiste, wo ein ausführliches, bislang unveröffentlichtes Filminterview mit Lācis entstand, aus dem wir erstmals Ausschnitte zeigen konnten. Im Zentrum standen dabei die jeweiligen kulturpolitischen Kontexte, Projektionen und ideologischen Färbungen, in denen und aus denen heraus die Figurierung von Lācis und ihrer Praxis gewonnen wurde. Dies wirft unweigerlich die Frage nach unseren heutigen Beweggründen auf, sich wieder mit Asja Lācis zu beschäftigen.
Wie im ersten Labor ging es auch dieses Mal darum, die Relationalität der titelgebenden „Offenen Beziehungen“ nicht allein auf den Gegenstand bezogen zu wissen, sondern auch auf das Veranstaltungsformat und die Art und Weisen des Miteinander in Austauschtretens zu übertragen. Ein performativer Auftakt mit intimen Gesprächen, Bewegung im Raum und objektbezogener Vorstellungsrunde verhalf zu einem Aufbrechen des akademischen Settings. Die von Konstanze Schmitt konzipierte konstruktivistische Raumgestaltung mit Bühnenpodesten folgte dieses Mal dem Prinzip der Sammlung: Ein großer Tisch im Zentrum bot Fläche als Bühne, für das Auslegen mitgebrachter Objekte und für diskursiven Austausch.
Im Anschluss an den Workshop fand die Vorführung des Films „Die Mit-Arbeiterin. Gespräche mit Elisabeth Hauptmann“ (Dokumentarfilm, Karlheinz Mund, DDR 1972, 58 min.) mit anschließendem Produktionsgespräch für ein öffentliches Publikum statt.