Vortrag von Ariane Jeßulat und Jasmina Samssuli im Rahmen der Ringvorlesung "Intervenierende Künste. Politische und ästhetische Potentiale".

Der Begriff des Intervenierens dient als Ausgangspunkt der Ringvorlesung und soll dabei auch selbst problematisiert werden. Er kann jene Prozesse des Ineinander von künstlerischem und aktivistischem Handeln fassbar machen, die jenseits etablierter Kunstformen und Kunstgattungen heterogene Handlungskomplexe, Ereignisse und Praktiken hervorbringen. Die Relevanz des Interventionsbegriffs ist dabei vor allem mit einem Wirkungsversprechen verbunden: dass das Intervenieren als künstlerische Praxis in lebensweltliche Zusammenhänge bestehender Gesellschaften und Systeme eingreift, nachhaltig wirksam wird und damit auch die ersehnte gesellschaftliche Veränderung umzusetzen verspricht.

Die substanzielle Rolle der Künste bei der Gestaltung sozialer Räume ist im Falle von Musik gemeinhin schwierig nachzuvollziehen, geben nicht zusätzliche Texte und Kontexte Hinweise auf die Absicht gesellschaftlicher Intervention. Dabei verleiht gerade zeitgenössische Musik mit ihrer Öffnung zu Geräuschen und Alltagsklängen und ihrem Wirken in den öffentlichen Raum hinein unserer Umgebung und unserem sozialen Handeln in ihr eine neue Hörbarkeit. Diese soziale Wahrnehmungsnavigation durch Musik ist nicht der Klangkunst oder der Musik im Stadtraum vorbehalten, sondern findet in jeder Form musikalischer Polyphonie statt. Die Vorlesung unterlegt mit verschiedenen Beispielen aus Musik und Klangkunst des 20. und 21. Jahrhunderts, wie der Zusammenhang zwischen organisierter Mehrstimmigkeit und der sozialen Rolle „eine Stimme zu haben“ hochaktuelle Interventionsräume schafft, die als Wahrnehmungsnavigation bestimmte Zustände von Gesellschaft diagnostizieren und formen.

Ariane Jeßulat und Jasmina Samssuli forschen im Teilprojekt A04 "Musikalische Polyphonie als experimentelle Sozialität" des SFB.

Die Ringvorlesung "Intervenierende Künste. Politische und ästhetische Potentiale" findet im Rahmen des Offenen Hörsaals immer dienstags 16.00 – 18.00 Uhr ct an der Freien Universität statt. Sie wurde von Jürgen Brokoff, Karin Gludovatz und Matthias Warstat konzipiert.

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